10 Wochen Verletzungsfrust – ein Hoffnungsschimmer



Ausgeknockt

Am 2. Oktober hatte ich in meinem Blog noch euphorisch berichtet “Ich bin dabei!” Hamburg Marathon 2020. 10 Tage später war nach 400 Metern Schluss. Zu stark waren die Schmerzen in der Sehne am großen Zeh. Fünf Tage später schnürte ich wieder die Laufschuhe für einen Test. Ich war ja beschwerdefrei im Alltag. Die ersten 10 Minuten waren ok, dann meldete sich der ziehende Schmerz wieder. Von den 4 Kilometern Gesamtstrecke bin ich die letzen zwei trotz Schmerzen weiter gelaufen, weil ich unterwegs ja nicht frieren wollte und auch schnell nach Hause wollte. Das war am 18. Oktober.

Start beim 10er am Hockenheimring wieder gefährdet

Für den 01. November war ich für den 10km-Lauf am Hockenheimring gemeldet. Schon im letzten Jahr musste ich verletzungsbedingt absagen und bekam freundlicherweise ein Ersatzticket für 2019. Doch unter den gegebenen Umständen fürchtete ich schon wieder, nicht teilnehmen zu können. Bis zum 31.10. unternahm ich noch drei weitere schmerzhafte Anläufe und musste mir am Tag davor eingestehen, dass es wohl wieder nichts werden würde. Frustriert stand ich an der Strecke und musste mit ansehen, wie unser Großer mit seiner Mama die Strecke rockte. Dazu noch in Bestzeit. Ich konnte zwar ein paar tolle Fotos schießen, was mich aber nur bedingt über meine Nichtteilnahme hinwegtröstete. Bald waren es 4 Wochen her, und Besserung war nicht in Sicht. Wenigstens bekam ich erneut ein Ersatzticket für 2020, womit ich nicht ernsthaft gerechnet hatte. Vielen lieben Dank an dieser Stelle an die asgtria-Hockenheim!!! 

Gesamtlaufstrecke im November: 18 km

Mittlerweile war es gar nicht mehr die Sehne am großen Zeh, die die Probleme verursacht hat. Es war die Sehne daneben, die sich über den Spann zieht und nach wenigen Minuten so schmerzte, dass ich den Schnürung lockern musste, um überhaupt einigermaßen schmerzfrei nach Hause zu kommen. Ganze drei Läufe habe ich im November gemacht und zwischendurch den Fuß abwechselnd mit Eis gekühlt und mit Kirschkernkissen gewärmt. Was mich am meisten frustrierte, war die Tatsache, dass ich im Alltag null Beschwerden hatte. Erst bei Belastung kamen die Probleme.



Die Google-Diagnose

Für einen Arztbesuch war ich (trotz 4 wöchiger Zwangspause) offenbar noch nicht motiviert genug. Deshalb: Symptome verschlagworten und einfach mal googeln.  “Laufen Schmerzen großer Onkel” oder “Sehnenprobleme Fuss Laufen” waren nur zwei Varianten, mit denen ich das Handicap jetzt selbst diagnostizieren wollte. Zum x-ten Mal surfte ich über die gleichen Seiten und zum x-ten Mal las ich sie, in der Hoffnung auf neue Erkenntnisse. Vielleicht hatte ich ja etwas übersehen. Am Ende sah ich mich x Diagnosen gegenüber, von denen eine frustrierender war als die andere. Angefangen bei der schlichten Sehnenscheidenreizung über die langwierige Sehnenentzündung bis hin zum Ermüdungsbruch war alles dabei, was in etwa zur Symptomatik hätte passen können.

 

Semi-Marathon (Paris) | HASPA-Marathon (HAMBURG) – war´s das!!!?

Angesichts der zu erwartenden Heilungsdauer der Google-Diagnosen von wenigen Tage bis zu wenigen Monaten sah ich meine Chancen für den Halbmarathon in Paris (01.3.) bzw. für den Haspa Marathon (19.04.) gegen Null sinken. Für beide Events bin ich gemeldet. Und der Semi-Marathon in Paris war im Sommer eine Geburtstagsüberraschung für meine Frau gewesen….Startgelder, Zug und Hotel sind längst schon gebucht und bezahlt. Meine Frustrationstoleranz kam langsam zu einem Ende.

Der ärztliche Befund

Einen Ermüdungsbruch wollte ich unbedingt ausschließen. So entschloss ich mich Ende November nach wochenlanger Selbsttherapie nun doch zu einem Arztbesuch. 14 Tage später erhielt ich einen Termin. Dieser fiel exakt auf meinen Geburtstag, doch darauf wollte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Ich wollte endlich Gewissheit. Nach dem Röntgen war schnell klar: Ein Ermüdungsbruch liegt nicht vor. Die Knochenstruktur ist super. Ich glaube, diese Nachricht war mein schönstes Geburtstagsgeschenk in diesem Jahr. Ja, es ist eine leichte Sehnenreizung. Außerdem ist der Fuß insgesamt sehr unbeweglich und die Wadenmuskulatur erheblich verkürzt. Typisch eben für Büro- und Autohocker….

Therapie und Dauer

Statt den Fuß hin- und her zu biegen sollte ich besser intensiver die Wadenmuskulatur dehnen. Und zwar sowohl vor als auch nach dem Training. Die entsprechenden Übungen sind ja größtenteils bekannt – auch mir. So alibimäßig, eher wie eine Übersprunghandlung lehnte ich mich kurz vor dem Start manchmal noch an eine Mauer oder Wand, um die Muskulatur “schnell noch” zu “dehnen”. In den letzten drei Jahren hatte ich eh nie Probleme. Wieso sollte das jetzt plötzlich helfen? Und was mich viel mehr interessierte: Wie lange dauert es, bis ich wieder richtig laufen kann? Die Antwort: von bis. Also von wenigen Tagen bis einigen Monate. Präziser geht es wohl kaum… Immerhin: ich durfte sofort wieder anfangen zu laufen. “Sollten sich jedoch Schmerzen ankündigen, dann bitte SOFORT aufhören und nach Hause GEHEN!” Unterstützend soll ich mit Diclofenac behandeln. Morgens und abends. Für Einlagen bekomme ich ein Rezept. Doch ich musste feststellen, dass es kaum mehr Sanitätshäuser gibt, die so etwas noch machen. Also lass ich mangels Sanitätshaus das Rezept erst einmal liegen.

Am Tiefpunkt

Die Sonntage sind die schlimmsten Tage. Seit mehr als 3 Jahre genieße ich die langen, ausgedehnten Läufe, egal zu welcher Jahreszeit. Seit Oktober gab es keinen solchen Sonntag mehr für mich. Früher, als ich aus der Familie der einzige war, der lief, haben mich eine oder zwei sonntägliche Pausen nicht umgehauen. Jetzt aber, wo meine Frau und unser Sohn auch auf den Geschmack gekommen sind, stieg der Frust von Sonntag zu Sonntag mehr. Sie stecken für sich die Kilometerdistanz ab, die sie laufen wollen, und ich übernehme derweil die Gassirunde mit dem Hund. Bitte nicht falsch verstehen, Gassirunden sind auch gechillt und ich gönne meiner Familie auch die Läufe – aber die Hunderunde ist eben kein echter Ersatz für die Sonntagslaufrunde. Nicht 10 Sonntage hintereinander. Insofern die Trainings für die Läufe im März und April außerdem immer näher rücken, und ich mit meinem Problem keinen Deut weiter gekommen bin, war ich am vergangenen Sonntag gefühlsmäßig am Tiefpunkt. Innerlich bereitete ich mich schon darauf vor, in Paris nur Zaungast zu sein und für den April rechtzeitig jemanden zu finden, der meinen Startplatz übernimmt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Bis Ende des Jahres will ich mir noch Zeit geben. Eine innere Galgenfrist sozusagen. Vergangenen Freitag bin ich dann wieder mal gelaufen – nach weiteren 15 Tagen Pause. Der Arzt hat ja gesagt, ich darf.  Aus Angst vor den Schmerzen habe ich die Runde aber extra klein gehalten, um nicht wieder in Versuchung zu geraten, wider den ärztlichen Rat dann nach Hause zu joggen anstatt zu GEHEN. Überraschenderweise hielt der Fuß ganz gut, auch wenn ich zwischendurch ein paar Meter gehen musste. Es waren am Ende aber wieder nur 3,75 km. Richtig gut ist anders.

Dehnen, dehnen, dehnen

Noch am Freitag begann ich den Rat des Orthopäden zu beherzigen und begann jetzt bewusst, die Wadenmuskulatur zu dehnen. Vielleicht hilft´s ja doch was. Mit Erschrecken musste ich feststellen, dass ich nicht in der Lage war, in die Hocke zu gehen und dabei meine Füße flach auf den Boden zu setzen. (Wer wissen will, ob seine Wadenmuskulatur verkürzt ist, hat mit diesem kleinen Test schnell Gewissheit.) Egal, wie das mit der Lauferei jetzt endet, wenigstens hier muss jetzt mehr Beweglichkeit rein. Wann immer sich im Laufe des Tages die Gelegenheit ergab, versuchte ich, wenigsten für 20 -30 Sekunden zu dehnen. Am Türrahmen, an der Wand, am Supermarktregal, am Glühweinstand. Dehnen, dehnen, dehnen. Am Samstag und am Tiefpunktsonntag.



Letzter Urlaubstag

Testweise wollte ich dann am Montag nochmal eine kleine Runde drehen. Wer weiß? Vielleicht ist ja doch was dran? An meinem letzten Urlaubstag schnürte ich also nochmal meine Schuhe und stellte mich auf eine kurze 3,5 km-Runde ein. Bis dahin sollten besser keine Schmerzen kommen. Dann nämlich wäre ich auch wieder zuhause angekommen.

Hoffnung keimt auf

Die ersten Meter liefen gut. Am Markierungspunkt, an dem ich “fühlen” wollte, ob es jetzt besser ist, den Rückweg anzutreten oder ob noch etwas geht, entschied ich mich für: “Es geht noch was”. Schmerzen? Komisch. Keine.  Ok, es waren ja noch nicht mal 2 Kilometer. Ich erwartete die “richtigen” Schmerzen sowieso erst etwas später. Bei Kilometer 3  dachte ich allerdings: Mmmh. Alles ok. Doch man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Ich lief also ungläubig weiter und peilte jetzt die 5 km an. So lange bin ich seit Wochen nicht mehr gelaufen. Schon gar nicht schmerzfrei. Am Ende bin ich nach 5,3 km erstmals seit Wochen wieder ohne Schmerzen ins Ziel gekommen. Eine Gehpause brauchte ich auch nicht einzulegen.

Echt jetzt? Nur dehnen?

Und das alles soll an dieser verf*** Verkürzung der Wadenmuskulatur gelegen haben? Intensives Dehnen wäre Alles gewesen? Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich bleibe skeptisch, doch zarte Hoffnung keimt auf. Gab es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen den Sehnen an den Zehen und dem Wadenmuskel? Länger mal drüber nachgedacht und im Internet die Bilder mit den Begriffen “Fußaufbau  Sehnen” gegoogelt, lässt sich durchaus eine anatomische Verbindung herstellen. Gewissheit gibt am Ende aber nur der Arztbesuch, ein Röntgenbild und die richtige Interpretation.



Und die Moral von der Geschicht´?

Vielleicht liegen die Dinge wirklich oft im Einfachen. Vielleicht sollten wir schneller mal jemanden fragen, der sich mit den Dingen auskennt (z. B. einen Sportarzt). Vielleicht hätte ich viel eher wieder meinen Sonntagslauf machen können und nicht so viel Zeit vergeudet? Im Nachhinein es ist müssig, darüber nachzudenken und sich zu ärgern. Ich will jetzt lieber nach vorne schauen. Ich versuche daraus für die Zukunft zu lernen. Eines habe ich mit Sicherheit jetzt schon gelernt: dehnen, dehnen, dehnen! Es überwiegt noch ein wenig die Skepsis, doch es fühlt sich an, als ginge es jetzt wieder in die richtige Richtung. Ich halte Euch auf dem Laufenden! Bleibt gesund Ihr Lieben!

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2 Kommentare zu “10 Wochen Verletzungsfrust – ein Hoffnungsschimmer”

  1. Hi Daniel,
    freut mich zu lesen, dass Du Deine Probleme mit Dehnübungen weg bzw. in den Griff bekommen hast.
    Ich kenne das von mir selbst nur zu gut. Wenn ich mit dem Dehnen nachlässig bin, dann kommen die Beschwerden raus.
    Das gleiche gilt übrigens auch für das Thema Krafttraining. Die Oberschenkelrücksite spielt hier bei mir eine sehr wichtige Rolle. Wobei ich mein Krafttraining eher selten ausfallen lasse und es dann eher die ungeliebten Übungen sind, die aber wichtig sind. 😀
    Ich wünsch Dir weiter viel Erfolg in der Vorbereitung auf Deine Läufe!
    Liebe Grüße
    Jahn

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