Puls, Pace & Strecke! Oder: Die schöne Sucht nach Rekorden.

Pace, Pace, Pace




Puls, Pace & Strecke. Das waren zu Beginn die wichtigsten Werte, um irgendwie Struktur in mein Läuferleben zu bekommen. Seit meinem ersten Lauf Ende August 2016 tracke ich jeden meiner Läufe, wie andere ihr Essen tracken. Meine AppleWatch der ersten Generation half mir in Kombination mit Runtastic tapfer über jeden Kilometer hinweg. Vanessa säuselte mir dabei emotionslos Strecke, Geschwindigkeit und Herzfrequenz ins Ohr. Grafisch stellte sich die Pacekurve wie die Magnitude eines Erdbebens der Stärke 8 dar. Und die Pumpe brachte mal schnell mal 180 Schläge zusammen, bevor ich in den Geh-Modus wechseln musste, um die Schnappatmung unter Kontrolle zu bekommen.  Die Pace (= die gelaufene Zeit pro Kilometer) lag durchschnittlich bei 6-7 min..

Die Anfangsrunden. Auf der Suche nach dem Rythmus.

Der eigentliche Erfolg: 2 x wöchentlich, 7 Monate lang

Am Anfang war mir die Pace gar nicht so wichtig. Ich war froh, die Strecke an einem Stück geschafft zu haben. Auch später bin ich nicht schneller gelaufen  (ging ja auch gar nicht), sondern habe mich darauf konzentriert, kontinuierlich mehr Strecke zu schaffen. Nach vier Monaten – und zwar exakt am Neujahrstag 2017 – bin ich erstmals die 5 km mit einer Pace von < 6 min. gelaufen. Ein unerklärliches Wunder, das sich die nächsten Monate nicht wiederholte. Plötzlich wurde die Pace doch irgendwie wichtig. Auch wenn Geschwindigkeit nicht ganz oben auf meiner Prioritätenliste stand, achtete ich darauf, mit einer ausgewogenen Mischung aus Puls & Pace meine 5 km – Runde zu laufen, ohne im Ziel zusammenzubrechen. Immer in der Hoffnung, nach und nach, sozusagen automatisch schneller zu werden. Angefangen bei 06:43 min./km für die 5 km standen nach 7 Monaten tatsächlich 05:40 min./km auf der Uhr. Die Laufjunkies unter Euch werden vielleicht sagen: “Das hat ganz schön lange gedauert” oder “das hätte man schneller hinkriegen können”. Mag sein. Für mich zählte nicht die Geschwindigkeit, sondern die Tatsache, dass ich es geschafft habe, mich 7 Monate lang 2 x wöchentlich auf meine Runde zu begeben. Das war der eigentliche Erfolg. Und für jemanden, der das Laufen von Grund auf gehasst hat, sowieso. Dass ich für die gleiche Strecke jetzt ca. 6 Minuten weniger brauche, war das Sahnehäubchen obendrauf. Und es weckte den sportlichen Ehrgeiz. Zumindest was das Setzen neuer Ziele anging. Wenigstens ein oder zwei Kilometer mehr müssten doch zu schaffen sein.

Die Bedeutung der Pace wächst

Und es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass die Pace keine Rolle für mich spielen würde. Wozu tracke ich denn alle meine Läufe, wenn nicht dazu, um eine Entwicklung zu dokumentieren? Die Bedeutung von Puls & Pace bekam jetzt mehr Gewicht, doch nicht in Bezug auf andere sondern mehr für mich selbst. Es ist normal, dass man seine Leistungen mit denen anderer vergleicht, um sich leistungsmäßig irgendwie zu verorten. Ich denke, das ist legitim und sollte nicht abfällig bewertet werden. Ich bewundere und respektiere alle, die ohne jegliche Technik ihre Runden drehen, würde aber nicht behaupten wollen, dass deswegen alle anderen dem Kontrollwahn verfallen sind und dem Laufen die Würde nehmen. Das geht dann doch zu weit.

Die innere Haltung zur Pace

Hockenheimringlauf jeden 01.11. im Jahr (01.11.2017)

Bei der Pace kommt es auf die Betrachtungsweise an. Selbst die schnellsten Läufer werden immer wieder auf andere treffen, die einen Tacken schneller sind als sie selbst. Und die vermeintlich langsamsten Schnecken werden es immer wieder schaffen, einen zu überholen, der noch langsamer ist als sie. Entscheidend ist die innere Haltung, die du dazu hast – egal, zu welcher Sorte Läufer du dich zählst. Ich bin kein schneller Läufer. Bis heute nicht. Meine Ziele mögen in den Augen anderer Laufjunkies alles andere als ambitioniert sein. Ich wollte in erster Linie nicht schneller sondern länger laufen. Mein Ziel war es – nach ärztlichem Rat – wöchentlich 1,5 -2 Stunden Ausdauersport zu machen. Es hat 6 Monate gedauert, bis ich erstmals 10 km am Stück gelaufen bin. Pace 6:32. Und da habe ich mich schon gefreut wie Bolle, dass ich unter 7:00 min./km geblieben war. Knapp über eine Stunde. Damit war ich zufrieden. Es entsprach in etwa dem, was ich mir unter gesundheitlichen Aspekten vorgenommen hatte. Verglichen mit den Anfängen, konnte ich sogar super zufrieden sein. Richtig schnell sogar ;). Ha, ha!

Ich kann meinen Schweinehund nicht finden

Viele stellen ihre Laufleistung nach außen hin kleiner dar als sie in Wirklichkeit ist. Das liegt daran, dass wir schnell vergessen, wie anstrengend die ersten Läufe einmal waren. Das Erreichte nehmen wir rasch als “normal” hin und streben nach mehr. Das ist gut so.  Ich finde es wichtig, sich immer wieder neue (realistische) Ziele zu setzen. Noch schöner ist es natürlich, sie am Ende auch zu erreichen. Den oft gefürchteten “inneren Schweinehund” kann ich bei mir nicht finden. Also muss ich ihn auch nicht überwinden. Das wäre ohnehin ein K.O. – Kriterium für mein Laufen, müsste ich  jedes Mal einen Schweinehund niederringen, bevor ich mir meine Laufschuhe anschnallen kann.

Puls & Pace ohne Tracker auswendig aufsagen

10 Kilometer sind inzwischen das, was ich meine übliche Laufrunde nenne. Ja, ich tracke immer noch Pace & Puls. Die säuselnde Stimme hat die Runtastic-App nach der letzten Verschlimmbesserung zwar verloren, dafür spendiert die AppleWatch jetzt nach jedem Kilometer ein Vibrationssignal. Nach mehr als einem Jahr benötige ich weder die Info zu meinen Puls, noch zu meiner Pace. Wer schon länger läuft, kann seinen Puls zu jedem Zeitpunkt seines Laufes auswendig aufsagen und in etwa die Pace nennen, mit der er unterwegs ist. Das kann ich aber nur, weil ich ein Trackingjunkie bin und gerade am Anfang viel meinen Puls kontrolliert habe. Heute reicht mir die Info zur Strecke, gerade, wenn ich mal abseits meiner üblichen Laufwege unterwegs bin.

Kein Lauf ohne Pulsuhr & Tracker

Pulsuhr und das Tracken meiner Strecke bleiben weiterhin wichtig für mich. Zeigen sie mir doch gerade bei Läufen über 10 km starke und schwache Phasen meines Laufes auf.  Daraus ziehe ich dann meine Konsequenzen für die folgenden Einheiten. Meistens laufe ich immer noch viel zu schnell los. Das rächt sich dann gegen Ende des Laufs. Von den Leistungsdaten mal abgesehen: die #Relive-App finde ich weltklasse. Sie macht aus deinem Lauf einen Film aus der Vogelperspektive und zeichnet gnadenlos jeden Pinkelausflug abseits in die Büsche auf. Zur Not findest du die Stelle anhand der GPS Daten deiner Lauf-App wieder, wenn du dabei deinen Hausschlüssel verloren hast. Auch deshalb finde ich Tracking so geil. Nachstehend findet ihr ein Beispielvideo von #Relive

Die schöne Sucht nach Rekorden

Die Ansprüche an die eigenen Leistungen steigen. Das ist ganz normal, wenn du auf der Suche nach neuen Herausforderungen bist. Und mal ehrlich: das Laufen macht ja auch tierisch Spaß. Natürlich ist es mein Ziel, einen Marathon zu laufen. Im kommenden Jahr möchte ich einen offiziellen Halbmarathon finishen und 2019 wäre der Berlinmarathon ganz cool  😎 Meine Zielzeit? Finisher! Und vielleicht nicht im Besenwagen mitfahren müssen 😉 Das würde mir persönlich für den Anfang – ha,ha – schon reichen. Die Pace ist zweitrangig. Doch ich kenne viele, die sagen: “Einen Marathon läufst du immer zwei Mal im Leben! Das erste Mal, um ihn zu finishen und das zweite Mal, um ihn in einer besseren Zeit zu finishen als beim ersten Mal.” Insofern bleibe ich bei meiner Haltung zur Pace: Sie ist ein individueller und persönlicher Wert. Ein Anspruch, schneller als andere zu sein, steht nicht auf meiner Prioritätenliste. Ich muss auch nicht auf irgendeinem Siegertreppchen stehen. Mir reicht es, wenn ich mich gelegentlich selbst schlagen kann. In diesem Sinne: Lauft entspannt EURE individuelle Geschwindigkeit, mit oder ohne Tracker. Und denkt dran, ihr seid allemal schneller als sämtliche Couchsurfer um euch herum.


Titelfoto: lizenzfrei pixabay.com/de
Fotos: © Daniel Bär 




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