Laufbericht: Badenmarathon 2019 (Halbmarathon)



Zum 2. Mal im Startblock beim Badenhalbmarathon 2019

Fällt heute die 2:00 h Marke?

Im Grunde genommen ist es der gleiche Trainingsplan wie 2018. Und auch die Zielzeit von < 02:15 h entspricht in etwa meinem heutigen Plan. Einziger heimlicher Wunsch ist es, die Zeit aus dem letzten Halbmarathon in Frankfurt unterbieten zu können. Immerhin fehlen hierzu nur noch 10 Minuten. Die äußeren Bedingungen sind jedenfalls optimal. “Bestzeitenverdächtig”, wie ich es mehrfach aus meinem direkten Umfeld vernehme. Um 09.30 Uhr sind es ca. 12°C und der Himmel ist leicht bedeckt. Regen ist auch nicht angesagt. Einfach mal sehen, wie es heute läuft.

36 Stunden vorher…

… stand ich noch in Lederhose und Karohemd im dörflichen Bierzelt. Die Oktoberfestsause wollte ich unbedingt noch mitnehmen. “Leicht” verkatert stieg ich dann am Samstag aus meinem Bett. Mit Gedanken an den darauffolgenden Wettkampftag plagte mich nicht nur das schlechte Gewissen. Auch angesichts meines avisierten Ziels warf es mich moralisch etwas zurück. Mit einer Ibu und viel, viel Wasser kämpfte ich mich tagsüber zurück ins Diesseits. Mittags ergänzte ich meinen Speiseplan dann um ein, zwei Teller Spaghetti und gegen Abend komplettierte ich mit den Maultaschen, die der Veranstalter am Vortag des Badenmarathon allen Läuferinnen und Läufern spendiert. Kohlehydratmäßig war ich also wieder auf der Höhe. Abends verschwand ich dann schon gegen halb zehn in meinem Bett. Jetzt nur noch schlafen.

Mein Läuferfrühstück

Um das Thema Läuferfrühstück gibt es so viele Meinungen wie Köpfe. Deshalb kann ich nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was am Besten für ihn ist.  Aufstehen 6.00 Uhr: Kaffee muss sein. Dann EIN Vollkornbrot mit etwas Butter und Honig. Ein Glas Wasser mit einer aufgelösten Brausetablette (Geschmacksrichtung Magnesium / Zitrone) und eine Banane. Abfahrt um 08.15 Uhr. Rennstart 09.30 Uhr. Bis dahin immer mal ein Schlückchen (stilles) Wasser zwischendurch. Eine Viertelstunde vorher nochmal eine halbe Banane und noch ein Stück von meiner “Energiebombe” (Seitenbacher).

Rennverpflegung

Als Rennverpflegung habe ich mir die andere Hälfte der Banane und ein paar kleine mundgerechte Stücke des Energieriegels eingepackt.  Außerdem einen halben Liter Wasser. Die Flasche kann ich mir bequem in die hintere Po-Tasche meiner Laufhose stecken.  Zwischendurch gibt es ja immer noch die offiziellen Verpflegungsstationen mit Wasser und Iso. Dann Abschlusspippi und rein in den Startblock. Ich sortiere mich irgendwo zwischen Block C und D ein, was einer Zielzeit von um die 2 Stunden entspricht. Wer weiß schon, wie es läuft. Mutig voran.

Schock an der Startlinie

Gut präpariert tapere ich mit der Masse langsam Richtung Startlinie. Quasi mit Überschreiten der Startlinie rutscht mir meine soeben eingesteckte Flasche Wasser aus dem Hosenboden und kullert im Alleingang Richtung Rinnstein. An Anhalten und Aufheben ist nicht zu denken. Die Läufermasse drängt mit aller Macht auf die Strecke. Ok. Das war´s dann erst mal mit Wasser für die nächsten Kilometer. Ich denke zurück an meinen Halbmarathon in Frankfurt. Da ist mir nach den ersten Kilometern genau dasselbe passiert. “Ich bin Kummer gewohnt”, denke ich, und versuche, nicht mehr dran zu denken.

Rechenspiele (macht Ihr sowas auch?)

Was habe ich mir im Vorfeld Gedanken zur Renneinteilung gemacht: Soll ich die ersten 10 km zuerst schneller und dann langsamer laufen? Oder soll ich erst langsamer und dann schneller laufen? Oder besser möglichst konstant? Und überhaupt: wie schnell will ich eigentlich laufen? Schaff´ ich das dann ins Ziel?  Ich wusste nur eins: um unter 2 Stunden zu bleiben, muss die Pace bei mindestens 05:43 min/km liegen – und zwar über die gesamte Strecke!!! Utopisch. Habe ja auch “nur” auf die Zielzeit von < 02:15 h trainiert.

Der Zeitpuffer wächst

05:28 min/km auf den ersten Kilometer verschaffen etwas Luft für den 2. Kilometer. Nämlich genau 15 Sekunden, um immer noch unter 2 Stunden zu bleiben. Das bedeutet rechnerisch, dass ich den 2. Kilometer sogar mit 05:59 beenden könnte, um dann wieder bei einer Pace von dauerhaft 05:43 immer noch unter 2 Stunden das Ziel zu erreichen. Oder ich verteile die 15 Sekunden auf die verbleibenden 20 Kilometer, was aber gerade mal 0,75 Sekunden Zeitgewinn pro Kilometer bedeuten würden. Ich lass die Rechnerei sein und laufe einfach weiter. Doch von Kilometer zu Kilometer wächst der Zeitpuffer langsam aber kontinuierlich an.

Halbzeit: Hoffnung keimt auf

Bei KM 10 stelle ich fest, dass ich keinen einzigen Kilometer langsamer als 05:39 min gelaufen bin. “Ok”, denke ich, “das habe ich beim Altstadtlauf in Ettlingen auch geschafft.” Da waren es aber insgesamt nur 10 KM. Die richtig fiesen Streckenabschnitte kommen ja noch. Und mit einem Leistungseinbruch muss ich irgendwann rechnen. Und zwar demnächst. Zeit für eine Stärkung. Meine halbe Banane in meinem Bauchgurt hat schon etwas gelitten. Gut für alle, dass ich sie jetzt befreie. Die Bananenschale verschwindet im Seitengrün, während es bei KM 12 jetzt über die Eisenbahnbrücke Richtung Oststadt geht. Keine Ahnung, ob es die Banane oder die physikalischen Hangabtriebskräfte sind. Bei KM 13 funkt meine Uhr eine Pace von 05:27 min/km. Hoffnung keimt auf. Sind unter 2 Stunden vielleicht doch noch möglich?

Der Einbruch kommt

Kurzweilig ist es aber staubig, als es durch die Oststadt geht. Die gute Stimmung an der Strecke motiviert. Doch ich erinnere mich ans letzte Jahr. Hier kam es zu einem rapiden Leistungseinbruch.  Die eingepackten Traubenzuckertäfelchen entpuppten sich lediglich als schnelles Strohfeuer und machten mich danach nur noch langsamer. Dieses Mal sollte mir das nicht passieren. Energiegeladen nehme ich jetzt den fiesen Brückenanstieg über die Kapellenstrasse in Angriff und lasse es abwärts so richtig laufen. Ohne Wartezeit kann ich die Kaiserstrasse queren, und ab geht es Richtung Schloss. Ein Highlight, auf das ich mich besonders freue. “Es läuft gut”, denke ich, da meldet sich mein rechter Oberschenkel und signalisiert, dass es über die Kapellenstrasse doch nicht soooo gut gelaufen ist. Die Muskulatur war beim “Laufenlassen”  ziemlich beansprucht und droht jetzt, nicht mehr mit dem anderen Bein zu synchronisieren. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Schmerzen im Knie: Ja. Schmerzen im Fußgelenk : Ja. Luftnot: Auch ja. Aber Muskelprobleme? Nö.  Gibt´s doch gar nicht. 5 KM vor dem Ziel muss ich mich ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, es eventuell nicht mehr bis ins Ziel zu schaffen?  Meine einzige Sorge war jetzt nicht mehr die Zeit, sondern die Frage: hält der Muskel bis ins Ziel?

Noch 5 km

Bei KM 17 liegt meine Pace bei 05:48. Erstmals greife ich jetzt zurück auf meinen bisher erlaufenen Zeitpuffer und fange wieder an zu rechnen. Angesichts meines zwickenden Oberschenkels rechne ich jetzt meinen Puffer auf die letzten 5 KM um und komme auf ca. 6 min/km, um es noch unter 2 Stunden zu schaffen. Gedanken mache ich mir auch schon um die Unterführung am Albtalbahnhof, wo es in ziemlich steil um die Ecke wieder nach oben geht. Irgendwie schaffe ich auch das, achte aber bewusst darauf, meine Muskulatur dabei zu schonen, auch wenn es ein paar Sekunden Zeit kosten sollte. Viel schlimmer wäre es jetzt, so kurz davor aufgeben zu müssen. Die nächsten beiden Kilometer liegen wieder unter den magischen 05:43 min/km.

Die letzte Kurve bis ins Ziel

Jetzt sind es es nur noch ein paar Kurven. Mir und meinem Oberschenkel geht es jetzt wieder etwas besser. Ich wage einen kleinen Endspurt, als ich die Tartanbahn im Stadion betrete. Zu meiner Überraschung wird mein Zieleinlauf von meinem alten Schulfreund (“OTTO”) kommentiert, den ich in diesem Moment als Stadionsprecher an der Laufbahn ausmache. Ich weiß nicht, wer überraschter ist. Er oder ich. Jedenfalls erreiche in einer Traumzeit von 01:58:50 die Ziellinie und könnte kaum zufriedener sein. Es wird noch ein bisschen dauern, bis die kleine Oberschenkelzerrung ausgeheilt sein wird. Doch eines habe ich wieder gelernt: Dankbarkeit, es gesund und unbeschadet angekommen  zu sein. In diesem Sinne: Passt auf Euch auf!

Zieleinlauf


Videogalerie


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4 Kommentare zu “Laufbericht: Badenmarathon 2019 (Halbmarathon)”

  1. Vielen Dank fürs Mitnehmen – und natürlich Respekt und herzlichen Glückwunsch zur fantastischen Zielzeit!

    Ich kenne die “Rechenspiele” aus meiner eigenen Vergangenheit, wo ich Marathon unter 4, oder HM unter 2 Std. laufen wollte. Heute (20 Kilo schwerer) habe ich mich davon verabschiedet und laufe “auf ankommen”. So ändern sich die Ziele, aber das Hobby bleibt das gleiche 🙂

  2. Hallo Daniel!

    Du scheinst ja ein vergleichbares Laufrevier zu haben wie ich – Karlsruher Gegend und Hamburg. Ich war im Juni beim Hella Hamburg Halbmarathon, den HaSpa-Marathon will ich irgendwann (aber nicht nächstes Jahr) auch mal laufen, beim Köhlbrandbrückenlauf bin ich 2019 das dritte Mal in Folge mitgelaufen. In Ettlingen beim Altstadtlauf und beim Baden-Marathon war ich ebenfalls – beim Baden-Marathon bin ich allerdings die volle Strecke gelaufen.

    Mit einem Tag Pause nach einem Kater Halbmarathon laufen? Das ist entweder hart – oder etwas verrückt 😉 Meins wär’s jedenfalls nicht, aber insbesondere deswegen habe ich Achtung davor, dass Du dann Deine persönliche Bestzeit gelaufen bist. Die Überführung geht übrigens nicht über die Kapellenstraße – die quert man ebenerdig auf der “neuen” Strecke nach Rückverlegung von der Messe in die Stadt. Die Brücke geht über die Fritz-Erler-Straße (Verlängerung der Rüppurrer Straße Richtung Kronenplatz). Ich war allerdings auch verwirrt, weil ich so richtig gar nicht durch die Waldhornstraße gehe oder laufe, obwohl ich in der Karlsruher Innenstadt arbeite. Allerdings wundert mich nicht, dass Du Dir auf dem Gefälle von Kai’s Pizza (über der Brücke) runter in die innenstadt-seitige Zähringerstraße was getan hast, das ist ein echt giftiges Gefälle und fühlte sich auch nicht so griffig an wie das Gefälle in die Unterführung am Albtalbahnhof. Inzwischen sind die Fahrradbrücken über den Adenauerring (mein Trainingsrevier) noch glatter und weniger griffig – aber irgendwas an dem Belag der meisten Fahrradbrücken zwischen Karlsruher Innenstadt und Umgebung ist echt laufschuhfeindlich, wenn noch Feuchte auf der Straße ist.

    Ich bin übrigens immer wieder dankbar, dass beim Badenmarathon nicht dieser Berg vor’m Carl-Kaufmann-Stadion dabei ist wie bei der badischen Meile – das würde insbesondere nach Marathonstrecke ganz schön wehtun. Schon der “Aufstieg” von der Alb zurück zur Europahalle ist mit Halb- oder Marathon giftig genug.

    Aber bevor ich Romane schreiben – ich gratuliere Dir ganz herzlich zur Unterbietung der magischen 2:00-Marke auf dem Halbmarathon!
    Talianna

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